Esther und Holger Müller

Alpinkletterkurs Urner Alpen 2011

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Bergseeschijen (Urner Alpen) in der Nähe von Göschenen/Schweiz 2011
Bergseehütte
23.06. - 26.06.2011

Kletterveranstaltung des SG Stern Sindelfingen
Anforderungen: Klettererfahrung im Nachstieg bis 5. Grad (Trittsicherheit, Touren sind ausgesetzt)
Leiter: Klaus Berghold (SG Stern Sindelfingen, DAV Schwaben)
Teilnehmer: 9 (Gabi, Judith, Karin, Daniel  E., Daniel S., Danny, Gerd, Klaus und Holger)

Entfernung: ca. 330 km

23.06.2011

Aufgrund des schlechten Wetters hat Klaus die Planung für den Alpinkurs Urner Alpen etwas umgeschmissen. Statt 7 Uhr am Niederen Wasen haben wir uns erst um 15 Uhr zur Abfahrt getroffen. Es sollte jetzt zunächst bis Samstag ins Tessin gehen und dann im Laufe des Samstags die Fahrt und der Aufstieg zur Bergseehütte folgen. Für Sonntag war der Aufstieg auf den Bergseeschijen auf verschiedenen Routen geplant.

Daniel hat über den SG Stern beim Hagenlocher einen Bus organisiert, so daß wir alle gemeinsam fahren konnten. Vom Niederen Wasen sind wir in ca. 5h nach Ponte Brolla im Tessin gefahren und hatten ein leckeres Abendessen (hausgemachte Tortellini).

24.06.2011

Das Wetter im Tessin war bestens. Klaus hatte schon gestern unsere Gruppen eingeteilt und für meine Seilschaft (mit Gerd) die Sperone Quarzo (11SL, 6a/VI, 5b/V obl.) am Sperone di Ponte Brolla vorgesehen. Es ist vmtl. die bekannteste, schönste und meistbegangenste Plaisir-Kletterroute des Tessins. Da dieser Klassiker häufig überlaufen ist, haben wir uns zum zeitigen Aufstehen entschlossen und waren bereits um 9 Uhr in der Route. Lediglich eine Seilschaft vor uns. Die unteren 6 SL führen in schöner Reibungskletterei im V. Grad. Leider stimmt die Angabe im Führer nicht ganz. 10 Exen reichen nicht aus, man braucht 11. Die oberen 5 SL (an dieser Stelle trifft die Quarzo mit der Zombie zusammen) sind steiler und grossgriffiger. Eine Seillänge verlangt frei den VI. Grad, sie kann jedoch auch technisch mit V/A0 überwunden werden. Oben angekommen gab es eine kurze Pause bei einem wunderschönen Blick über das Maggia Tal. Der Abstieg ist noch einmal extrem anstrengend, da der steile Pfad häufig nass und rutschig war. Man kommt dabei nicht an den Einstieg, sondern auf die Hauptstrasse und muß dann noch einmal zum Felsen hochlaufen.

Daniel S. und ich habe beschlossen noch eine kurze Route namens Omega (3 SL, 5c+/VI-/VI) zu machen. Leider haben wir uns schon beim Einstieg geirrt und ich bin in eine uns unbekannte Route eingestiegen. Nach einer SL haben wir unseren Fehler bemerkt und sind in die eigentliche Omega gewechselt. Die ersten beiden SL sind wieder Reibungskletterei vom feinsten. In der 3. SL folgt ein senkrechtes kurzen schweres Stück, welches sich aber wunderbar auflöst und dann einer Platte zum nächsten Stand folgt. Lt. Topo endete dort unsere Route, wir sahen allerdings weitere Bohrhaken. Grund genug diesen weiter zu folgen. Ein weiterer senktrechter Absatz, den wir als 8- oder mehr einschätzten und beide nicht frei klettern konnten. Technisch (A0) habe ich die Stelle überwunden und nach einem langen Runout den Umlenker und damit das endgültige Ende der Route gefunden.

Nach all dieser Schinderei in der Hitze war die Abkühlung in der Maggia direkt vor unserem Hotel eine wunderbare Sache. Ein wirklich erfüllter und wunderbarer Tag.

25.06.2011

Er war geplant noch bis zum Mittag zu klettern und dann die Fahrt zur Bergseehütte zu starten. Die allgemeine Meinung war aber, besser gleich nach dem Frühstück zu fahren und dort im Klettergarten noch einige Routen zu ziehen. Gesagt getan. So sind wir gegen 13 Uhr zur Hütte aufgestiegen. Geplante Gehzeit 1h50. Zum Glück war es zur Mittagszeit nicht sonnig, sondern bedeckt und nebelig, so daß der Aufstieg von knapp 600 Höhenmetern nicht noch härter ausgefallen ist. Entsprechend haben wir es alle in 1h30 geschafft. Nach einer Suppe bzw. einem Kuchen beschlossen wir zunächst den Einstieg für die Routen am kommenden Tag zu suchen. Kaum am Südgrad angekommen bekann es zu regnen, so daß wir uns schnell ein Höhle als Unterstand suchten. Dort hat uns Klaus passend zum Wetter etwas über Wetterkunde erzählt, um die Zeit bis der Regen wieder etwas nachgelassen hatte zu überbrücken. Uns blieb für den Tag nur noch ein gutes 3-Gänge Abendessen und die ausgiebige Planung der Routen für den nächsten Tag.

26.06.2011

Ich hatte mir die Tonis Lust (9 SL, 5c/VI-) plus 2 SL Südgrad (5a/V-) rausgesucht. Als Nachsteiger hat sich Daniel E. bereiterklärt. Allerdings war in den Topos von Klaus die Tonis Lust noch nicht vorhanden, so daß ich mir die Route aus den Topos der Hütte schnell abzeichnen mußte. Wir haben den Einstieg 20m rechts neben der Andrea schnell gefunden. Die erste SL war dann schon mal der Schock. Obwohl nur 5b/V bezeichnet hat sie mich richtig gefordert. Ich würde sie mindestens 5c/V+/VI- bewerten. Ein total komisches Gefühl, da bei jedem Antreten der Granit unter den Füßen knirscht und kleine Teile herausbrechen. Ich weiß einfach nicht wieviel ich meinen Füßen trauen kann und bin total verkrampft. Mit letzter Kraft meiner Füße erreiche ich den Stand. Und dann der zweite Schock. Beim herausnehmen meiner Nachsicherung (2 Schrauber + ATC Guide) fällt ein Schrauber ab und schlägt zum Glück meinen Nachsteiger nicht treffend im Tal ein. Der ist weg. Die weiteren SL laufen besser, bis wir zur Schlüsselstelle kommen. Ein seitlicher Überhang muß in eine Rinne abgeklettert werden, um dann auf einer schweren Reibungsplatte weit oben einen Haken anzuklettern. Nach mehreren rätselhaften Blicken, wie das gehen soll, erblicke ich einen Bohrhaken unterhalb des Überhangs und einige kleine Tritte auf denen man an den Armen hängend irgendwann stehen kann. Es geht besser als gedacht. Die Reibungsplatte ist danach aber übel, da man einen sehr langen und schmerzhaften Sturz in die Rinne hinlegen würde, wenn man da abschmiert. Deshalb zunächst etwas links gehen, an einem Köpfle eine Schlinge legen und dann rechts zum Haken queren. So geht es. Weiter geht es in nicht ganz einfachem Gelände und die Hakenabstände werden immer länger. Ich könnte heulen. Also zwischenlegen was geht und hoffen das hält. Im letzten Stück kann ich in einem Mini-Riss sogar meinen zweit kleinsten Keil (ca. 3mm) legen. Insgesamt aber eine echt geile SL, die mir richtig Spaß gemacht hat (wie bin ich denn drauf ...). Eine weitere SL und dann treffen alle Routen am Südgrad zusammen. Der Spruch "Nummer ziehen und warten bis man aufgerufen wird." stimmt wie die Faust aufs Auge. Immer wieder kommt eine Seilschaft dazwischen und wir brauchen für die letzten beiden SL eine Ewigkeit. Die Zwischensicherungen werden auch immer weniger (1 Haken auf 40m). Man kann zwar gut was legen, aber das dauert. So etwas kann ich nicht verstehen. Richtig nervig nach einer bis dahin echt tollen Kletterei.

Vom Gipfel hat man einen schönen Blick über das ganze Gebiet und der Groll ist schnell vergessen. Der Abstieg geht über den weiß-blauen Wanderweg, in dem auch ein Stück einfacher Klettersteig überwunden werden muß. Auf dem weiteren Abstieg über die Blockhalde wird es durch die Sonne ziemlich heiß und meine Haut verbrennt fast. Nach einem Tag klettern in der Sonne hilft die Sonnencreme jetzt auch nicht mehr viel. Auf der Hütte hat Klaus uns noch ein Stück Kuchen ausgegeben, bevor wir den Abstieg ins Tal zum Bus in Angriff nehmen.

Ein sehr abwechslungsreicher Kurs, bei dem wir bei viel Spaß auch viel erlebt und gelernt haben.